Heute berichtet die Lingener Tagespost

05.02.2019
  • Den Zauber der Travestie-Show versprühten die Keerle döör un döör vor ausverkauften Haus im Theater an der Wilhelmshöhe. Lachsalven und Beifallsstürme und zum Dank langanhaltender, herzlicher Applaus. Foto: Johannes Franke.

„Keerls döör un döör“ ernteten Lachsalven und viel Applaus
Von Johannes Franke
Kolpingtheater Haselünne begeisterte im Theater an der Wilhelmshöhe
Lingen. Wenn im vollbesetzten Saal der Wilhelmshöhe die Zuschauer immer wieder herzhaft lachen und nach 3 Stunden langanhaltend applaudieren, dann ist das der verdiente Dank für die Theaterfamilie aus Haselünne mit ihrer witzigen, niveauvollen und herzerfrischenden Aufführung der Komödie „Keerls döör un döör“.
„Wi holt fast an Mouders Sproake, dat is för us ’ne Ehrensoake.“ Und das ist gut so, denn so lassen sich Menschenschicksal, Komödianterie und letztlich Mitmenschlichkeit und Lebensgüte klug und geschickt ineinanderfließend inszenieren. Die Kollegen Hinnerk, Georg, Paul und Manuel arbeiten beim HK-Kurierservice, lieben ihren Job, auch wenn die resolute Versandleiterin Lisa Kording (Heike Wübben) sie immer wieder stresst. „Nu also, hopp, hopp“. Die Firma ist finanziell klamm, Georg (Engelbert Tebben) erhält die Kündigung, um Kosten zu senken. Trotz allem entwickeln die Männer Mitleid für ihre Chefin, deren Tochter Betty an einer schweren Augenkrankheit leidet. Nur durch eine privat zu zahlende Operation ist sie zu heilen. Aber woher 20000 Euro nehmen? Die Idee der „flotten Flitzer“: Eine Wohltätigkeits-Travestieshow soll das nötige Geld einspielen. „Ik treck kien Fummel an“, weigert sich Hinnerk (Andreas Josefus). Und auch diesmal spielt das unter Allergien leidende Etepetete-Mamasöhnchen wieder umwerfend komisch: „Ik will Mama nich dat Hatte bräken un mi up de Stöckelschaue nich de Feute.“ Manuel Rodriguez (Klaus Hopster) hat schon als Go-go-Tänzer Erfahrungen, schiebt eine CD ein, und seine Kostprobe als Doris Day überzeugt die Kumpels. Sie proben heimlich nach Feierabend, Hinnerk als in Weiß gestylte und ausstaffierte Marilyn Monroe, Georg als Dancing Queen von Kopf bis Fuß im Miss Piggy-Kleid, und ist „nicht zu dick für das Kleid, höchstens der Bauch.“ Jetzt geht es unter Lachsalven und Beifall Schlag auf Schlag. Perfekt laufen die Proben noch nicht, eine Trainerin muss her. Da taucht Hinnerks Mama Lore (Elisabeth Tebben) auf. „Mama gibt erfolgreiche Tanzkurse in der Seniorenresidenz“, und ab jetzt geht’s rund. Schweißtreibende Proben in voller Montur, bunte Fiffis auf dem Kopf, halsbrecherische Pumps-Einlagen, Playbackgesang, der „Zauber der Travestie-Show“ nimmt seinen Lauf, und Paul (Dietmar Peters) erhält von Mama als Camilla Parker Bowles Höchstnoten. Die ausverkaufte Vorstellung spielt das nötige Geld ein, und dank der glitzernden Kerle kann Betty operiert werden. Wieder hat Regisseur Willi Jansen eine sehr überzeugende Rollenbesetzung vorgenommen, die Akteure brillieren mit großer Spielfreude, Wortwitz und Situationskomik. Die Show ist ein sprühendes Feuerwerk voller Tanz in glitzernden Kleidern mit Liedern von ABBA, Nana Mouskouri, Mireille Mathieu, Tina Turner, Zarah Leandra, Demis Roussos, Baccara und Conchita Wurst. Georg outet sich und alle wünschen ihm „alles Glück dieser Welt.“ Trotz des scheinbaren Klamauks ist das Stück nicht oberflächlich, denn Themen wie Homosexualität, Gender-Debatten und unternehmerische Existenznöte werden angedeutet und machen nachdenklich. „Draußen ist ein Mensch, der dich hält und liebhat“, gibt Mama Georg mit auf den Weg. Sie sind „Keerls döör un döör“, bescheinigt ihnen auch die Chefin, und die begeisterten Zuschauer erlebten ein großartiges Ensemble, das mit langanhaltendem, herzlichem Applaus verabschiedet wurde.