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28.01.2019
  • Foto Marco Strodt-Dieckmann

Turbulente Komödie im Heimathaus
Kolpingtheatergruppe Haselünne mit „Kerls döör und döör“

Die Kolpingtheatergruppe begeisterte im Heimathaus Wesuwe.
Von Marco Strodt-Dieckmann

Haselünne/Haren Seit mehr als zehn Jahren ist zu Jahresbeginn die Kolping-Theatergruppe Haselünne zu Gast im Heimathaus Wesuwe. Jetzt fand erneut die umjubelte Premiere ihres neuen Stücks „Kerls döör und döör“ statt.

Fernab von Mainstream und weltpolitischer Themen bedienen volkstümliche Theatergruppen in unruhigen weltpolitischen Zeiten eine Nische, die das Publikum für drei Stunden in eine scheinbar bessere Welt entführt. In traditioneller Mundart darf geschmunzelt, geträumt, geweint, aber vor allem herzhaft gelacht werden.

Das 1902 gegründete Ohnsorg-Theater brachte die niederdeutschen Mundartstücke 1954 ins deutsche Fernsehen und sorgte seitdem ununterbrochen für hohe Einschaltquoten. Schauspieler wie Henry Vahl und Heidi Kabel spielten sich buchstäblich in die Wohnzimmer der Deutschen. Landei, Hinterwäldler, Bauerntheater – das war gestern. Das ländliche Deutschland ist „in“.

Das Theaterstück „Kerls döör und döör“ handelt von den Kollegen Hinnerk, Georg, Paul und Manuel. Tagsüber schuften sie beim norddeutschen HK Kurierservice. Obwohl Versandleiterin Kording sie reichlich stresst, erledigen die Männer ihren Job gerne. Dieses ändert sich, als Georg die Kündigung erhält, weil die finanziell angeschlagene Firma nur durch gravierende Sparmaßnahmen gerettet werden kann. Dabei hatten die Paketboten gerade so etwas wie Mitleid für ihre Chefin entwickelt, denn deren Tochter Betty leidet an einer schweren Augenkrankheit, die nur durch eine privat zu finanzierende OP zu stoppen ist. Und da die „Keerls“ zwar bisweilen eine raue Schale, aber einen ausgesprochen weichen Kern haben, beschließen sie spontan, ihre Ersparnisse für das Kind zu opfern.

Ausgefallene Idee

Die Idee: Warum nicht eine Travestieshow auf die Beine stellen? Gesagt, getan! Nach anfänglichen Schwierigkeiten beginnen die vier Männer nach Feierabend schließlich heimlich mit den Proben. Nach diversen schweißtreibenden Proben ist es dann endlich so weit: Die Show ist tatsächlich ausverkauft, und Bettys Operation steht nun nichts mehr im Wege. Das Stück endet schließlich mit dem glanzvollen Auftritt der echten Kerle in glitzernden Kostümen.

Wieder einmal gelang es Regisseur Willi Jansen, seine Schauspieler zu Höchstleistungen zu motivieren. Andreas Josefus, Dietmar Peters, Engelbert Tebben und Klaus Hopster sind die Rollen der HK-Kurierfahrer auf den Leib geschrieben. Und auch Elisabeth Tebben und Heike Wübben agieren im Ensemble mit einer Bühnenpräsenz, die durch klug einstudierte Bewegungsabläufe und Stellungsspiel einfach ganz viel Spaß bereitet.

Die turbulente Komödie „Keerls döör und döör“ der kanadischen Autorin Kerry Renard baut dabei auf viel Musik. Die Travestieshow am Ende des Stückes sprüht nur so von Energie durch Songs von Abba, Zarah Leander oder Baccara. Passend dazu haben sich die Männer in hauchenge Kleider samt Stöckelschuh gehüllt und sorgen alleine durch diesen Anblick für zahlreiche Lachsalven im Heimathaus Wesuwe.

Dabei ist das Stück nicht alleine auf Klamauk und Oberflächligkeiten ausgerichtet. Es regt mit einem Streifzug durch Themen wie z.B. Homosexualität, Gender-Debatte oder dem wirtschaftlichen Druck von Firmen auch durchaus zum Nachdenken an. Ein Stück über das ganz normale Leben, authentisch und ehrlich. Das hat das Publikum gemerkt und honorierte es mit minutenlangem Applaus und Zugabe-Rufen für die Theatertruppe aus Haselünne.